CREAM
MICHAELKIRCHPLATZ 4/5
22.05. - 20.06.2009

Das Gebäude am Michaelkirchplatz mit der Hausnummer 4/5 war zu DDR Zeiten ein Kinderhospiz und wurde nach der Wende von der ÖTV (heute Ver.di) als Bürogebäude genutzt. Seit ihrem Umzug in neue Räumlichkeiten im Jahre 1998 steht es leer, gehörte aber bis 2008 dem Ver.di-Immobilienfonds, die es nun verkauft haben will.

Neben zwei großen Eingangshallen, Kellerräumen und Sanitäranlagen besitzt das Gebäude vier Etagen und nahezu 500 Räume, die teilweise des Nachts beleuchtet und während der kalten Jahreszeit auch beheizt werden. Der Ver.di-Immobilienfonds erteilte mehreren Konzepten für eine Zwischennutzung eine Absage, stattdessen wurde das Gebäude zu Spekulationszwecken leer stehen gelassen. Als im Mai 2008 Menschen diesem Missstand ein Ende bereiten wollten und das Gebäude besetzten, wurde es binnen weniger Stunden durch ein großes Polizeiaufgebot geräumt, um dann erneut dem Leerstand überlassen zu werden.

In seinem gleichnamigen Projekt interessiert sich CREAM neben den politischen Aspekten besonders für die eigene Ästhetik des Bauwerks. Dieses hat durch seinen langjährig ungenutzten Zustand die Vergangenheit in sich konserviert. Gleichzeitig verweist der anhaltende Verfallsprozess auf das konsequente Fortschreiten der Zeit, so dass sich hier verschiedene Zeitebenen durchdringen. Ihre Gleichzeitigkeit stellt sich der Vorstellung linearer Progression entgegen.

CREAM verknüpft das eigentliche Gebäude am Michaelkirchplatz mit dem Innenraum der Galerie. Hier öffnet eine schwebende Kopie der Außenfassade des Hauses "Michaelkirchplatz 4/5" einen künstlichen Raum, in dem die innere Situation des Bauwerks versinnbildlicht wird. Darüber hinaus fungiert die Galerie als Dokumentationsraum für die eigentliche Arbeit auf der Straße.

Am Michaelkirchplatz 4/5 selbst ist eine Installation entstanden, die sich der damals zum Zweck der Anbringung von Fahnen und Transparenten dienlichen Apparaturen an der Fassade bedient und diese gleichzeitig zweckentfremdet. Cream-typische Tape-Band- Arbeiten wurden wie Propagandatafeln in die Halterungen geschoben und mehrere farbige Fahnen über die Stockwerke verteilt. Die Bewegung und Farben der Stoffe, sowie die Nutzung der Apparaturen kontrastieren zu dem grauen und statischen Erscheinungsbild des Gebäudes und werden zu dessen symbolischer Wiederbelebung.

Obwohl CREAM sich der politischen Brisanz um dieses Gebäude bewusst war, hat doch die Heftigkeit der Reaktion überrascht: Am frühen Morgen des 22. Mai – gerade mal ca. 4 Stunden nach Beendigung der Arbeit – wurde die Installation von mehreren Polizeieinheiten in voller Kampfmontur "geräumt". Die Symbolkraft der Fahnen und Transparente an diesem Haus hat wohl den Anschein geweckt es wieder mit einer Besetzung zu tun zu haben.
Text: Katia Vasquez Pacheco

Edition: Dokumentationsbox

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Foto: Jürgen Große
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